Histamin und Wein
Histamin und Wein
Wenn Sie nach einem ausgiebigen Rotweinabend irgendwann nachts mit pochendem Herzen aufwachen und nicht mehr einschlafen können, kann das verschiedene Ursachen haben. Sofern Sie allerdings ausschließen können, dass es ihr Gegenüber war, das Sie in diesen Zustand versetzt hat, könnte es sich auch um das Anzeichen für eine Histamin-Intoleranz handeln.
Allerdings können die Symptome dieser Form von Intoleranz sehr vielfältig sein: Statt Herzklopfen oder Schlafstörung bekommen manche Menschen rote Augen oder eine verstopfte Nase oder müssen niesen, in schlimmeren Fällen können sich auch kleine juckende Quaddeln auf der Haut bilden, die nach einer gewissen Zeit wieder verschwinden. Schwindel oder Kopfschmerzen können genauso auftreten wie unvorhergesehener Durchfall. Auslöser solcher Symptome können Histamine sein. Diese gehören wie Serotonin oder Thyramin zu den biogenen Aminen, sind also biologisch aktive Substanzen, die im Körper für wichtige Funktionen notwendig sind: Histamine etwa steuern den Schlaf-Wach-Rhythmus, sind wichtige Faktoren im Magen-Darm-Trakt und sie werden bei Allergien ausgeschüttet.
All diese Faktoren spielen auch eine wichtige Rolle dort, wo Histamine im Körper im Falle einer Intoleranz eben auch für unerwartete Reaktionen sorgen können. Im Normalfall wird der Histaminhaushalt über den Dünndarm geregelt – das Enzym Diaminoxidase (DAO) ist für den Abbau der Histamine gerade auch im Falle des Histaminüberschusses zuständig. Problematisch wird es nun dann, wenn der Körper das Enzym DAO etwa nicht (mehr) in ausreichendem Maße produziert oder aber zu einem hohen Histaminspiegel Faktoren hinzutreten, die den Histaminabbau verlangsamen – dies ist einer der Effekte des Alkohols.
Histamin ist ein natürlicher Stoff, der in Lebensmitteln vorkommt und sich bei der Lebensmittelreifung anreichert: Histamine kommen in Fisch, Fleisch, Käse, Wein und sogar in manchen Obst- und Gemüsesorten vor. In unverarbeiteten Lebensmitteln ist der Gehalt zumeist eher gering, dagegen kann er durch Verarbeitungsprozesse (Gärung, Reifung, Fermentation) und Lagerung stark ansteigen.
Gereifte oder fermentierte Lebensmittel, wie Sauerkraut, Bier, Wein, Käse (speziell lang gereifte Sorten) und Wurst (speziell Salami, roher Schinken), gelten grundsätzlich als sehr histaminreich. Wein enthält von sich aus Histamine – roter weit mehr als weißer, etwa das drei- bis vierfache im Schnitt, junger weniger als älterer. Und noch ein entscheidender Faktor tritt hinzu: Die Qualität der Verarbeitung (was sich bis zu einem gewissen Grad natürlich auch im Preis widerspiegelt). Denn je sorgfältiger das Traubengut ausgelesen wird und überreife oder faulige Trauben aussortiert werden, umso sauberer verläuft die Gärung, umso weniger Histamine entstehen dabei.
Weitere Faktoren sind etwa die Verwendung neuer Bakterienkulturen bei der Gärung, sind aber auch solche eher banalen Faktoren wie die generelle Hygiene bei der Weinerzeugung. Als logische Folge daraus, dass Histamine ein Produkt der Reifung sind, folgt eben auch, dass sich kurze Reife- und Lagerungszeiten grundsätzlich positiv auf einen geringeren Histamingehalt auswirken.
Dagegen sind Edelsüßweine, genauso wie etwa nach dem Champagner-Verfahren produzierte Schaumweine, tendenziell als histaminreich zu bezeichnen.